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30. Pflicht und Treue

Die Pflichterfüllung galt immer schon als höchste Tugend eines Menschen. Sie nahm bei allen Völkern einen Rang ein, welcher höher stand als alles andere, höher noch als Leben selbst. Sie wurde so geschätzt, daß sie sogar den ersten Platz behielt auch unter den Verstandesmenschen, denen zuletzt nichts mehr heilig war als eigener Verstand, dem sie sich sklavisch beugten. Das Bewußtsein notwendiger Pflichterfüllung blieb, daran konnte nicht einmal die Verstandesherrschaft rütteln. Aber das Dunkel fand doch einen Angriffspunkt und nagte an der Wurzel. Es verschob wie überall auch hierin den Begriff Der Gedanke an die Pflichterfüllung blieb, aber die Pflichten selbst wurden von dem Verstande aufgestellt und damit erdgebunden, Stückwerk, unvollkommen.

Es ist daher nur selbstverständlich, daß oft ein Empfindungsmensch die ihm bestimmten Pflichten nicht als richtig anerkennen kann. Er kommt in Zwiespalt mit sich selbst. Die Pflichterfüllung gilt auch ihm als eins der obersten Gesetze, die ein Mensch erfüllen soll, und doch muß er sich gleichzeitig sagen, daß er bei der Erfüllung der ihm auferlegten Pflichten gegen seine Überzeugung handelt. Die Folge davon ist, daß nicht nur in dem Inneren des Menschen, der sich also quält, sondern auch in der feinstofflichen Welt durch diesen Zustand Formen auferstehen, welche Unzufriedenheit und Zwietracht stiften auch bei anderen. Es überträgt sich dadurch auf weiteste Kreise Sucht zur Nörgelei und Unzufriedenheit, deren eigentliche Ursache niemand zu finden fähig ist. Sie ist nicht zu erkennen, weil die Wirkung aus der Feinstofflichkeit kommt. Durch die lebenden Formen, die ein Empfindungsmensch in seinem Zwiespalt zwischen seinem Drang zur Pflichterfüllung und der anders wollenden Empfindung schafft.

Hier soll nun eine Änderung erfolgen, um dem Übel abzuhelfen. Pflicht und innere Überzeugung müssen stets im Einklang zueinander stehen. Falsch ist es, wenn ein Mensch sein Leben einsetzt in Erfüllung einer Pflicht, die er nicht in sich selbst als richtig anerkennen kann!

Erst in der Übereinstimmung der Überzeugung mit der Pflicht erhält ein jedes Opfer wirklich Wert. Setzt aber der Mensch nur sein Leben ein für Pflichterfüllung ohne Überzeugung, so erniedrigt er sich dadurch zu dem feilen Söldner, der im Dienste eines anderen, ähnlich den Landsknechten um Geldes willen kämpft. Dadurch wird solche Art zu kämpfen Mord!

Tritt aber jemand mit dem Leben ein aus Überzeugung, dann trägt er auch die Liebe in sich zu der Sache, für die er freiwillig zu kämpfen sich entschloß.

Und das allein hat für ihn hohen Wert! Er muß es um der Liebe willen tun. Aus Liebe zu der Sache! Dadurch wird auch die Pflicht, die er damit erfüllt, lebendig und so hoch gehoben, daß er deren Erfüllung über alles setzt.

Damit scheidet sich ganz von selbst die tote, starre Pflichterfüllung von der lebenden. Und nur das Lebende hat geistig Wert und Wirkung. Alles andere kann nur den Erden- und Verstandeszwecken dienen, diesen Vorteil bringen, und auch das nicht für die Dauer, sondern nur vorübergehend, da das Lebende allein andauernden Bestand erhält.

So wird die Pflichterfüllung, die aus Überzeugung kommt, zur echten, selbstgewollten Treue und dem Ausübenden selbstverständlich. Er will und kann nicht anders handeln, kann dabei nicht straucheln und nicht stürzen; denn die Treue ist ihm echt, ist eng mit ihm verbunden, ja, sogar ein Stück von ihm, das er nicht abzulegen fähig ist.

Blinder Gehorsam, blinde Pflichterfüllung ist deshalb so wenig wert wie blinder Glaube! Beiden fehlt das Leben, weil darin die Liebe fehlt!

Daran allein erkennt der Mensch sofort den Unterschied zwischen dem echten Pflichtbewußtsein und dem nur anerzogenen Pflichtgefühle. Das eine bricht aus der Empfindung heraus, das andere ist nur von dem Verstande erfaßt. Liebe und Pflicht kann sich deshalb auch niemals gegenüberstehen, sondern ist eins dort, wo sie echt empfunden wird, und aus ihr blüht die Treue in dem Sinne des Heiligen Grales!

Wo Liebe fehlt, ist auch kein Leben, dort ist alles tot. Darauf hat Christus oft schon hingewiesen. Das liegt in den Schöpfungsurgesetzen, ist deshalb weltumfassend ohne Ausnahmen.

Die Pflichterfüllung, welche freiwillig aus einer Menschenseele strahlend bricht, und solche, die um eines Erdenlohnes willen eingehalten wird, ist niemals miteinander zu verwechseln, sondern sehr leicht zu erkennen. Laßt deshalb echte Treue in Euch auferstehen oder bleibet fern von dem, wo Ihr nicht Treue halten könnt.

Treue! Oft besungen und doch nie erfaßt! Wie alles, hat der Erdenmensch auch den Begriff der Treue tief herabgezerrt, beengt, in starre Formen gepreßt. Das Große, Freie, Schöne darin wurde ausdruckslos und kalt. Das Selbstverständliche gewollt!

Die Treue nach den jetzigen Begriffen hörte auf, zum Seelenadel zu gehören, wurde zur Charaktereigenschaft gemacht. Ein Unterschied wie Tag zur Nacht. Die Treue wurde damit seelenlos. Sie ist zur Pflicht geworden dort, wo sie notwendig ist. Damit hat man sie selbständig erklärt, sie steht auf eignen Füßen, ganz für sich, und deshalb... falsch! Auch sie wurde unter der Menschen Sinn verbogen und entstellt.

Treue ist nicht etwas Selbständiges, sondern nur die Eigenschaft der Liebe! Der rechten Liebe, die alles umfaßt. Alles umfassen aber bedeutet nicht etwa, alles gleichzeitig umfangen nach menschlichem Verstehen, das zum Ausdruck kommt in den bekannten Worten: „die ganze Welt umarmen!“ Alles umfassend heißt: Auf alles gerichtet werden zu können! Auf Persönliches wie auch auf Sachliches! Sie ist nicht nur an etwas ganz Bestimmtes gebunden, nicht einseitig zu sein bestimmt. Die rechte Liebe schließt nichts aus, was rein ist oder rein gehalten wird, gleichviel, ob es Personen trifft oder das Vaterland, wie auch die Arbeit oder die Natur. Darin liegt das Umfassende. Und dieser rechten Liebe Eigenschaft ist Treue, die ebensowenig klein und irdisch eingeengt gedacht werden darf wie der Begriff der Keuschheit.

Wirkliche Treue ohne Liebe gibt es nicht, wie es auch keine wahre Liebe ohne Treue gibt. Der Erdenmensch von heute bezeichnet aber Pflichterfüllung als Treue! Eine starre Form, bei der die Seele nicht mitzuschwingen nötig hat. Das ist falsch. Treue ist nur eine Eigenschaft der wahren Liebe, welche verschmolzen ist mit der Gerechtigkeit, aber mit verliebt sein nichts zu tun hat.

Die Treue ruht in den Empfindungsschwingungen des Geistes, wird dadurch zu der Eigenschaft der Seele.

Ein Mensch dient heute in der Pflichterfüllung zuverlässig oft einem anderen Menschen, den er innerlich verachten muß. Das ist natürlich nicht als Treue zu bezeichnen, sondern es bleibt lediglich Erfüllung übernommener irdischer Pflichten. Es ist eine rein äußerliche Angelegenheit, welche dem Menschen wechselwirkend auch nur äußerlichen Nutzen bringen kann, sei es nun Nutzen an irdischen Mitteln oder an irdischem Ansehen.

Wahre Treue kann in solchen Fällen nicht einsetzen, da sie mit der Liebe freiwillig dargebracht sein will, von der sie nicht zu trennen ist. Deshalb vermag Treue auch nicht allein zu wirken!

Würden die Menschen aber der wahren Liebe leben, wie es von Gott gewollt ist, so gäbe dieser Umstand allein den Hebel dazu, unter den Menschen vieles, ja alles zu ändern! Kein innerlich verachtenswerter Mensch vermöchte dann noch zu bestehen, noch weniger Erfolge auf Erden hier zu haben. Es gäbe sofort eine große Reinigung.

Innerlich verachtenswerte Menschen würden irdische Ehren nicht genießen, auch nicht Ämter innehaben; denn Verstandeswissen ganz allein darf nicht zu Amtsausübungen berechtigen!

So würde dann die Pflichterfüllung stets zur unbedingten Freude, jede Arbeit zum Genuß, weil alles Denken, alles Tun mit wahrer, gottgewollter Liebe ganz durchzogen ist und neben unbeirrbarem Gerechtigkeitsempfinden auch die Treue mit sich führt. Die Treue, welche aus sich selbst heraus als Selbstverständlichkeit unwandelbar verbleibt und dies nicht als Verdienst betrachtet, das belohnt sein muß.

So wird das Wesen alles Wirkens in dem zukünftigen, gottgewollten Friedensreich auf Erden sein, doch erst, nachdem das Dunkel ausgerottet ist. —

 

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