53. Ich bin der Herr, Dein Gott!
Wo sind die Menschen, die dieses höchste aller Gebote wirklich betätigen? Wo ist der Priester, der es rein und wahrhaftig lehrt?
„Ich bin der Herr, Dein Gott, Du sollst nicht andere Götter haben neben mir!“ Diese Worte sind so klar gegeben, so unbedingt, daß eine Abweichung überhaupt nicht möglich sein dürfte! Auch Christus wies wiederholt mit großer Deutlichkeit und Schärfe darauf hin. Um so bedauerlicher ist es nun, daß Millionen Menschen achtlos daran vorübergehen und sich Kulten hingeben, die diesem höchsten aller Gebote schroff gegenüberstehen. Das Schlimmste bei dem Allen ist, daß sie dieses Gebot ihres Gottes und Herrn mit einer gläubigen Inbrunst mißachten, in dem Wahne, Gott in dieser offensichtlichen Übertretung seines Gebotes zu ehren, ihm wohlgefällig zu sein!
Dieser große Fehler kann nur in einem blinden Glauben lebendig bleiben, bei dem jedes Prüfen ausgeschaltet wird; denn blinder Glaube ist nichts weiter als Gedankenlosigkeit und geistige Trägheit solcher Menschen, die gleich den Faulenzern und Langschläfern dem Erwachen und Aufstehen soviel wie möglich aus dem Wege zu gehen versuchen, weil es Pflichten mit sich bringt, deren Erfüllung sie scheuen. Jede Mühe erscheint ihnen als ein Greuel. Es ist ja viel bequemer, andere für sich arbeiten und denken zu lassen.
Wer aber andere für sich denken läßt, gibt diesen Macht über sich, erniedrigt sich selbst zum Knechte und macht sich damit unfrei. Gott gab jedoch dem Menschen eine freie Entschlußkraft, gab ihm die Fähigkeit zu denken, zu empfinden, und muß dafür naturgemäß auch Rechenschaft erhalten für alles das, was diese freie Entschließungsfähigkeit nach sich zieht! Er wollte damit freie Menschen, nicht Knechte!
Traurig ist es, wenn sich der Mensch aus Faulheit heraus irdisch zum Sklaven macht, furchtbar aber sind die Folgen, sobald er sich geistig so entwertet, daß er zum stumpfsinnigen Anhänger wird von Lehren, die den genauen Geboten ihres Gottes widersprechen. Es nützt ihnen nichts, wenn sie das hier und da erwachende Bedenken mit der Ausrede einzuschläfern versuchen, daß die größte Verantwortung schließ die Personen tragen müssen, die Abirrungen in die Lehren brachten. Das ist an sich schon richtig, aber außerdem ist besonders noch der Einzelne für alles das verantwortlich, was er selbst denkt und tut. Unverkürzt, es kann ihm davon nichts nachgelassen werden.
Wer die ihm geschenkten Fähigkeiten des Empfindens und Denkens nicht im vollen, ihm möglichen Umfange ausübt, macht sich schuldig!
Es ist nicht Sünde, sondern Pflicht, daß ein jeder bei erwachender Reife, durch die er in volle Verantwortlichkeit für sich selbst tritt, auch darüber nachzudenken beginnt, was ihm bis dahin gelehrt wurde. Kann er seine Empfindungen mit irgendetwas davon nicht in Einklang bringen, so soll er es auch nicht blindlings als richtig hinnehmen. Er schadet sich dadurch wie bei einem schlechten Einkaufe nur selbst. Was er nicht aus Überzeugung beibehalten kann, das soll er unterlassen; denn sonst wird sein Denken und sein Tun zur Heuchelei.
Derjenige, der dies oder jenes wirklich Gute unterläßt, weil er es nicht verstehen kann, ist noch lange nicht so verworfen als solche, die ohne Überzeugung sich in einen Kult stellen, den sie nicht ganz verstehen. Alles aus solchem Unverständnis hervorgehende Handeln und Denken ist hohl, und aus solcher Hohlheit heraus ergibt sich von selbst keine gute Wechselwirkung, weil in Hohlheit kein lebendiger Grund zu etwas Gutem liegt. Es wird dadurch zu einer Heuchelei, die einer Lästerung gleichkommt, weil man damit Gott etwas vorzutäuschen sucht, was nicht vorhanden ist. Fehlende lebendige Empfindungen! Das macht den Ausübenden verächtlich, zu einem Ausgestoßenen!
Die Millionen Menschen nun, die in Gedankenlosigkeit Dingen huldigen, welche den göttlichen Geboten geradezu widersprechen, sind trotz einer vielleicht vorhandenen Inbrunst unbedingt gebunden und von einem geistigen Aufstiege vollkommen abgeschnitten.
Nur die freie Überzeugung ist lebendig und kann daraufhin auch Lebendiges schaffen! Eine solche Überzeugung kann aber nur durch scharfes Prüfen und innerliches Durchempfinden erwachen. Wo das geringste Unverständnis vorliegt, von Zweifel gar nicht zu sprechen, kann niemals Überzeugung erstehen.
Nur volles, lückenloses Erfassen ist gleichbedeutend mit Überzeugung, die allein geistigen Wert besitzt!
Geradezu schmerzvoll ist es anzuschauen, wenn in den Kirchen die Massen sich gedankenlos bekreuzigen, verbeugen und niederknien. Solche Automaten dürfen nicht unter denkende Menschen gerechnet werden. Das Zeichen des Kreuzes ist das Zeichen der Wahrheit, und damit ein Zeichen Gottes! Schuld ladet sich der auf, der dieses Zeichen der Wahrheit benützt, während sein Inneres in dem Augenblicke der Benützung nicht gleichzeitig in jeder Beziehung wahr ist, wenn seine ganzen Empfindungen nicht voll auf unbedingte Wahrheit eingestellt sind. Solchen Menschen wäre hundertmal besser, sie würden diese Bekreuzigung unterlassen und für Augenblicke aufheben, in denen sie ihre ganze Seele auf die Wahrheit, also damit auch auf Gott selbst und seinen Willen eingestellt haben; denn Gott, ihr Herr, ist die Wahrheit.
Götzendienst aber und offene Übertretung des heiligsten aller Gebote ihres Gottes ist es, wenn sie einem Symbol Ehren erweisen, die nur Gott allein zukommen!
„Ich bin der Herr, Dein Gott, Du sollst nicht andere Götter haben neben mir!“ ist ausdrücklich gesagt. Knapp, deutlich und klar, ohne Zulassung auch nur der geringsten Abweichung. Auch Christus wies noch ganz besonders auf diese notwendige Einhaltung hin. Er nannte es mit Absicht und bedeutungsvoll gerade vor den Pharisäern das oberste Gesetz, das heißt, dasjenige Gesetz, das unter keinen Umständen gebrochen oder irgendwie abgeändert werden darf. Diese Bezeichnung sagt auch gleichzeitig, daß alles andere Gute und alle andere Gläubigkeit nicht vollen Wert gewinnen kann, wenn dieses oberste Gesetz nicht unverkürzt eingehalten wird! Daß sogar alles davon abhängt!
Betrachten wir zum Beispiel daraufhin einmal ganz vorurteilsfrei die Verehrung der Monstranz! Es liegt bei vielen Menschen ein Widerspruch darin zu dem klaren obersten Gebote.
Erwartet der Mensch, daß sein Gott herabsteigt in diese auswechselbare Hostie, als Erklärung dafür, daß er ihr göttliche Ehrenbezeugungen zuteil werden läßt? Oder daß Gott mit der Weihe einer solchen Hostie herabgezwungen wird? Eins ist so undenkbar wie das andere. Ebensowenig aber kann durch eine solche Weihe unmittelbare Verbindung mit Gott geschaffen werden; denn der Weg dahin ist nicht so einfach und so leicht. Er ist von Menschen und von Menschengeistern überhaupt nicht bis zum Endziele zu gehen.
Wenn nun der eine Mensch vor einer holzgeschnittenen Figur niederfällt, ein anderer vor der Sonne, der Dritte dann vor der Monstranz, so verstößt ein jeder damit gegen das oberste Gesetz Gottes, sobald er Göttliches, also den lebendigen Gott selbst darin sieht, und deshalb unmittelbare göttliche Gnade und Segen davon erwartet! In solcher falschen Voraussetzung, Erwartung und Empfindung würde die eigentliche Übertretung liegen, unverhüllter Götzendienst!
Und derartiger Götzendienst wird von Anhängern vieler Religionen oft inbrünstig getätigt, wenn auch in verschiedenen Arten.
Ein jeder Mensch, der die ihm durch seine Fähigkeiten entstehende Pflicht des ernsten Denkens übt, muß aber hierbei in Zwiespalt kommen, den er nur mit dem Unrecht eines blinden Glaubens zeitweise gewaltsam übertäuben kann, wie ein Tagedieb durch den Schlaf der Trägheit seine Tagespflichten vernachlässigt. Der ernste Mensch jedoch wird unbedingt empfinden, daß er in erster Linie Klarheit zu suchen hat in Allem, was ihm heilig werden soll!
Wie oft erklärte Christus, daß die Menschen seinen Lehren nachleben sollten, um Gewinn daraus zu nehmen, das heißt also, um zum geistigen Aufstiege und zum ewigen Leben kommen zu können. In dem Worte „ewiges Leben“ ist allein schon geistige Lebendigkeit, nicht aber geistige Trägheit ausgedrückt. Mit dem Hinweise auf das Nachleben seiner Lehren warnte er ausdrücklich und deutlich vor einem stumpfen Hinnehmen dieser Lehren, als falsch und unnütz.
Erleben kann naturgemäß immer nur in der Überzeugung geschehen, niemals anders. Überzeugung jedoch bedingt volles Verstehen. Verstehen wiederum starkes Nachdenken und eigenes Prüfen. Man muß die Lehren mit den eigenen Empfindungen abwägen. Daraus folgert von selbst, daß ein blinder Glaube vollkommen falsch ist. Alles Falsche aber kann leicht zum Verderben führen, zum Abstiege, niemals jedoch zum Aufstiege. Aufstieg ist gleichbedeutend mit Befreiung von allem Drucke. Solange ein Druck noch irgendwo lastet, kann von einer Befreiung oder Erlösung keine Rede sein. Das Unverstandene aber ist ein Druck, der sich nicht eher löst, als bis die Druckstelle oder Lücke durch volles Verständnis beseitigt wird.
Blinder Glaube bleibt immer gleichbedeutend mit Unverständnis, kann daher auch niemals Überzeugung sein, und demnach auch keine Befreiung, keine Erlösung bringen! Menschen, die sich in blinden Glauben eingeengt haben, können geistig nicht lebendig sein. Sie kommen den Toten gleich, und haben keinen Wert.
Beginnt nun ein Mensch richtig zu denken, alle Geschehnisse ruhig und aufmerksam zu verfolgen und logisch aneinanderzureihen, so wird er von selbst zu der Überzeugung kommen, daß Gott in seiner vollkommenen Reinheit nach seinem eigenen Schöpfungswillen nicht zur Erde kann!
Die unbedingte Reinheit und Vollkommenheit, also gerade das Göttliche, schließt ein Herabkommen in das Stoffliche aus. Der Unterschied ist zu groß, als daß eine unmittelbare Verbindung überhaupt möglich wäre, ohne den dazu notwendigen Übergängen genau Rechnung zu tragen, die die dazwischenliegenden Wesens- und Stoffarten bedingen. Das in Rechnungziehen dieser Übergänge kann aber nur durch Menschwerdung sich vollziehen, wie es bei dem Gottessohne geschah!
Da dieser nun „zu dem Vater eingegangen ist“, also nach seinem Ursprunge zurück, so steht auch er wieder im Göttlichen und ist dadurch genau so getrennt von dem Irdischen.
Eine Ausnahme darin würde das Abbiegen göttlichen Schöpfungswillens bedeuten, und das wiederum einen Mangel an Vollkommenheit kundtun.
Da aber Vollkommenheit von der Göttlichkeit untrennbar ist, so bleibt keine andere Möglichkeit, als daß auch sein Schöpfungswille vollkommen ist, was gleichbedeutend mit unabbiegsam genommen werden muß. Würden die Menschen ebenfalls vollkommen sein, so müßte und könnte aus der Natur der Sache heraus ein jeder immer nur genau den gleichen Weg des anderen gehen.
Nur Unvollkommenheit kann Verschiedenheiten zulassen!
Gerade in der Erfüllung der göttlichen vollkommenen Gesetze ist dem Gottessohne nach dem „Eingehen zum Vater“ wie diesem selbst die Möglichkeit genommen, persönlich in der Stofflichkeit zu sein, also zur Erde herabzukommen. Nicht ohne schöpfungsgesetzmäßige Menschwerdung!
Aus diesen Gründen heraus muß jede göttliche Verehrung irgendeiner stofflichen Sache auf Erden gleichbedeutend mit Übertretung des obersten Gesetzes Gottes sein; da nur dem lebendigen Gotte allein göttliche Ehren zukommen dürfen, und dieser kann gerade infolge seiner Göttlichkeit nicht auf Erden sein.
Der grobstoffliche Leib aber des Gottessohnes mußte ebenfalls wiederum nach der Vollkommenheit Gottes in seinem Schöpferwillen rein irdisch sein, darf deshalb auch nicht als göttlich bezeichnet oder angesehen werden *(Vortrag Nr. 58: Auferstehung des irdischen Körpers Christi).
Alles, was damit im Widerspruche steht, bezeugt logischer Weise Zweifel an der unbedingten Vollkommenheit Gottes und muß demnach auch falsch sein! Das ist unbestreitbar ein untrüglicher Maßstab für den rechten Glauben an Gott.
Etwas anderes ist es mit reiner Symbolik. Jedes Symbol erfüllt fördernd seinen guten Zweck, solange es als solches ernsthaft angesehen wird; denn sein Anblick verhilft sehr vielen Menschen zu größerer und geschlossener Sammlung. Es wird so manchen leichter fallen, beim Erblicken der Symbole seiner Religion seine Gedanken ungetrübter auf den Schöpfer zu lenken, gleichviel, mit welchem Namen er für ihn begreiflich ist. Falsch wäre es deshalb, an dem hohen Werte religiöser Gebräuche und Symbolik zu zweifeln, es darf sich dabei nur nichts bis zur Anbetung und gegenständlichen Verehrung steigern.
Da nun Gott selbst nicht auf die Erde in das Grobstoffliche kommen kann, so liegt es dem Menschengeiste allein ob, den Weg bis zu dem Geistig-Wesenhaften aufzusteigen, dem er entstammt. Und diesen Weg zu zeigen, kam Göttliches durch Menschwerdung herab, weil in dem Göttlichen allein die Urkraft liegt, aus der hervor das lebendige Wort fließen kann. Doch darf der Mensch sich nicht einbilden, daß Göttliches auf Erden blieb, damit ein jeder Mensch, sobald ihm nur der Wunsch einfällt, sofort begnadigt werden kann in ganz besonderer Art. Zur Erlangung der Begnadigung liegen die ehernen Gesetze Gottes in der Schöpfung, deren unbedingte Befolgung allein Begnadigung bringen kann! Richte sich darnach, wer zu den lichten Höhen will!
Niemand soll den vollkommenen Gott mit einem irdischen Könige vergleichen, der in seinem unvollkommenen menschlichen Ermessen bei durch seine Richter gleicher Art gesprochenen Urteilen Willkürsgnadenakte vollziehen kann. So etwas geht in der Vollkommenheit des Schöpfers und seines mit ihm eins seienden Willens nicht!
Der Menschengeist soll sich endlich an den Gedanken gewöhnen, daß er sich selbst und ganz energisch zu regen hat, um Begnadigung und Vergebung zu erhalten, und darin endlich seine Pflicht erfüllen, die er träge übersah. Er soll sich aufraffen und schaffen an sich selbst, wenn er nicht in das Dunkel der Verdammten stürzen will! Auf seinen Heiland sich verlassen sollen, heißt, sich verlassen auf dessen Worte. Durch die Tat lebendig machen, was er sagte! Nichts anderes vermag zu helfen! Der leere Glaube nützt ihm nichts. An ihn glauben, heißt nichts anderes, als ihm glauben. Rettungslos verloren ist ein Jeder, der sich nicht fleißig arbeitend an jenem Seile hochzieht, das ihm durch das Wort des Gottessohnes in die Hand gegeben wurde!
Wenn der Mensch seinen Heiland wirklich haben will, so muß er sich schon endlich zu geistiger Regsamkeit und Arbeit aufraffen, die nicht nur auf irdische Vorteile und Genüsse gerichtet ist, und muß sich zu ihm hinauf bemühen. Er darf nicht anmaßend erwarten, daß dieser zu ihm herniederkommt. Den Weg dahin gibt ihm das Wort. Gott läuft nicht der Menschheit bettelnd hinterdrein, wenn sie sich von ihm ein falsches Bild macht, dadurch abwendet und falsche Wege geht. So gemütlich ist das nicht. Doch da sich eine solche unsinnige Anschauung durch falsche Auffassung bei vielen Menschen eingebürgert hat, wird die Menschheit ihren Gott erst wieder fürchten lernen müssen, indem sie in der unausbleiblichen Wechselwirkung eines bequemen oder toten Glaubens erkennt, daß sein Wille in Vollkommenheit feststeht und sich nicht biegen läßt. Wer sich nicht einfügt in die göttlichen Gesetze, wird beschädigt oder gar zermalmt, wie es auch denen zuletzt gehen muß, die solchem Götzendienste huldigen, Ungöttlichem göttliche Ehrfurcht zu erweisen! Der Mensch muß zur Erkenntnis kommen: Der Heiland wartet seiner, doch er holt ihn nicht!
Der Glaube, oder richtiger genannt der Wahn, den der größte Teil der Menschheit heute in sich trägt, mußte versagen und sogar in Not und in Verderben führen, weil er tot ist und kein wahres Leben in sich birgt!
Wie Christus einst den Tempel von den Wechslern reinigte, so müssen erst die Menschen aufgepeitscht werden aus aller Trägheit ihres Denkens und Empfindens ihrem Gotte gegenüber! Doch schlafe ruhig weiter, wer nicht anders will, und recke sich behaglich auf dem weichen Pfühl des Selbstbetruges, daß er richtig glaubt, wenn er recht wenig denkt, daß Grübeln schließlich sündhaft ist. Furchtbar wird sein Erwachen sein, das näher vor ihm steht, als er es ahnt. Ihm soll nach seiner Trägheit dann das Maß gemessen werden!
Wie kann ein Mensch, der an Gott glaubt, über dessen Wesen und dessen Größe nachgedacht hat, der vor allen Dingen weiß, wie der vollkommene Wille Gottes als arbeitende Naturgesetze in der Schöpfung ruht, erwarten, daß ihm ganz entgegen dieser göttlichen Gesetze der unbedingten Wechselwirkung seine Sünden durch irgendeine aufgelegte Buße vergeben werden können. Selbst dem Schöpfer würde dies nicht möglich sein; denn die aus seiner Vollkommenheit hervorgegangenen Schöpfungs- und Entwicklungsgesetze tragen in ihren Auswirkungen allein und vollkommen selbsttätig wirkend Lohn oder Strafe durch das Reifen und Ernten guter oder übler Aussaat des menschlichen Geistes in unabänderlicher Gerechtigkeit in sich.
Was Gott auch will, jeder seiner neuen Willensakte muß immer wieder die Vollkommenheit in sich tragen, kann demnach auch nicht die geringste Abweichung von den früheren Willensakten bringen, sondern muß mit diesen in jeder Beziehung übereinstimmen. Alles, aber auch alles muß durch die Vollkommenheit Gottes immer wieder die gleichen Bahnen ziehen. Eine Vergebung anders als durch Erfüllung der göttlichen Gesetze, die in der Schöpfung liegen, und durch die jeder Menschengeist auf seinem Wege unbedingt hindurch muß, wenn er in das Reich Gottes gelangen will, ist also ein Ding der Unmöglichkeit, demnach auch jede unmittelbare Vergebung.
Wie kann ein Mensch bei einigem Denken irgendwelche Abweichungen erwarten? Es wäre dies ja eine ausgesprochene Verkleinerung seines vollkommenen Gottes! Wenn Christus in seinem Erdenleben zu diesem oder jenem sagte: „Dir sind Deine Sünden vergeben“, so war das ganz richtig; denn in dem ernsten Bitten und dem festen Glauben liegt die Gewähr dafür, daß der betreffende Mensch nach den Lehren Christi in Zukunft leben würde, und dadurch mußte er auf die Vergebung der Sünden stoßen, weil er sich damit in die göttlichen Gesetze der Schöpfung richtig einstellte und ihnen nicht mehr entgegenhandelte.
Wenn nun ein Mensch dem anderen nach eigenem Ermessen Bußen auferlegt, um dann dessen Sünden als abgetan zu erklären, so täuscht er damit sich und auch den bei ihm Hilfesuchenden, gleichviel ob bewußt oder unbewußt, und setzt sich skrupellos weit über die Gottheit selbst!
Wenn doch die Menschen ihren Gott endlich natürlicher nehmen wollten! Ihn, dessen Willensakte die lebendige Natur erst schufen. So aber machen sie in blindem Glaubenswahne nur ein Trugbild aus ihm, der doch nichts weniger als das ist. Gerade in der natürlichen Vollkommenheit oder vollkommenen Natürlichkeit als Urquell alles Seins, als Ausgangspunkt alles Lebendigen ist Gottes Größe so gewaltig und für einen Menschengeist unfaßlich. Aber in den Sätzen vieler Lehren liegt oft gewaltsame Verdrehung und Verwicklung, wodurch dem Menschen jeder reine Glaube unnötig erschwert und manchmal ganz unmöglich wird, weil er dabei jede Natürlichkeit entbehren muß. Und wieviel unglaubliche Widersprüche bergen manche Lehren!
Sie tragen zum Beispiel vielfach als Grundgedanken die Allweisheit und Vollkommenheit des Willens und des daraus hervorgehenden Wortes Gottes! Darin aber muß naturgemäß auch eine nicht um ein Haar verschiebbare Unabänderlichkeit liegen, weil Vollkommenheit nicht anders zu denken ist. Die Handlungen vieler Religionsträger aber zeigen Zweifel an der eigenen Lehre, da sie mit dieser in unmittelbarem Widerspruche stehen und ihre Grundlagen durch Taten offensichtlich verneinen! Ohrenbeichte mit darauffolgenden Bußen zum Beispiel, Ablaßhandel durch Geld oder Gebete, der unmittelbare Vergebung von Sünden nach sich ziehen soll, und andere diesen ähnliche Gepflogenheiten sind doch bei ruhiger Überlegung eine Verneinung des göttlichen, in den Schöpfungsgesetzen ruhenden Willens. Wer mit den Gedanken nicht sprunghaft in haltlos Schwebendes geht, kann darin nichts anderes als eine unbedingte Verkleinerung der Vollkommenheit Gottes finden.
Es ist ganz natürlich, daß die menschlich irrige Voraussetzung, Sündenvergebung bieten zu können, und andere ähnliche Angriffe gegen die Vollkommenheit des göttlichen Willens, zu groben Auswüchsen führen mußten. Wie lange wird die Torheit noch anhalten, daß man wähnt, mit dem gerechten Gotte und seinem unabänderlichen Willen einen so unsauberen Handel treiben zu können!
Wenn Jesus als Gottessohn einst zu seinen Jüngern sagte: „Welchen Ihr die Sünden vergeben werdet, denen sind sie vergeben“, so bezog sich das nicht auf eine allgemeine und willkürliche Handlungsberechtigung.
Das würde ja gleichbedeutend gewesen sein mit einem Umsturze des göttlichen Willens in der unverrückbaren Kraft der Wechselwirkungen, die Lohn und Strafe in unbestechlicher, also göttlicher und somit vollkommener Gerechtigkeit lebendig wirkend in sich tragen. Eine zugelassene Unterbrechung.
Das hätte Jesus nie tun können und auch nicht getan, der gekommen war, die Gesetze „zu erfüllen“, nicht umzustoßen!
Er meinte mit den Worten den in des Schöpfers Willen ruhenden gesetzmäßigen Vorgang, daß ein Mensch dem anderen Menschen das vergeben kann, was ihm von diesem persönlich Übles geschehen ist! Das zu vergeben hat er als Betroffener das Recht und auch die Macht; denn durch sein aufrichtiges Verzeihen wird dem für den anderen sich sonst unbedingt in der Wechselwirkung entwickelnden Karma von vornherein die Spitze abgebrochen und die Kraft genommen, in welchem lebendigen Vorgange gleichzeitig auch wirkliche Vergebung liegt.
Das kann aber auch nur von der Person des Betroffenen selbst ausgehen, dem Urheber oder Täter gegenüber, sonst nicht. Deshalb liegt so viel Segen und Befreiung in persönlicher Verzeihung, sobald diese aufrichtig gemeint und empfunden ist.
Ein nicht unmittelbar Beteiligter ist von den Fäden der Wechselwirkung aus der Natur der Sache heraus ausgeschlossen und vermag auch nicht lebendig, also wirksam einzugreifen, weil er nicht angeschlossen ist. Nur Fürbitte ist ihm in solchen Fällen möglich, deren Wirkung aber abhängig bleibt von dem Seelenzustande der in die betreffenden Dinge unmittelbar Verwobenen. Er selbst muß außerhalb stehen bleiben, kann deshalb auch nicht Vergebung bringen. Das ruht allein in Gottes Willen, der sich in den Gesetzen gerechter Wechselwirkungen offenbart, gegen die er selbst nie handeln würde, weil sie aus seinem Willen heraus von Anfang an vollkommen sind.
Es liegt in der Gerechtigkeit Gottes, daß, was immer auch geschieht oder geschehen ist, nur der Geschädigte darin verzeihen kann, auf Erden oder später in der feinstofflichen Welt, sonst muß die Wucht der Wechselwirkung den Urheber treffen, mit deren Auswirkung dann allerdings die Schuld abgetragen ist. Aber diese Auswirkung wird dann gleichzeitig auch die Verzeihung des Betroffenen mit sich bringen, auf irgendeine Art, die in die Auswirkung verwoben ist, oder der Betroffene mit dieser. Da die Verbindungsfäden ja so lange ungelöst verbleiben, ist es nicht anders möglich. Das ist nicht nur ein Vorteil für den Urheber, sondern auch für den Betroffenen, da dieser ohne Gewährung der Verzeihung ebensowenig ganz zum Lichte eingehen könnte. Unerbittlichkeit müßte ihn davon zurückhalten.
So vermag kein Mensch fremde Sünden zu vergeben, bei denen er nicht der persönlich Betroffene ist. Das Gesetz der Wechselwirkung würde unbeeinflußt davon bleiben gegen alles, das nicht durch einen lebenden Faden mit darein verwoben ist, den nur das unmittelbare Betroffensein zeugen kann. Besserung allein ist der lebendige Weg zur Vergebung *(Vortrag Nr. 6: Schicksal)!
„Ich bin der Herr, Dein Gott, Du sollst nicht andere Götter haben neben mir!“ sollte in jedes Menschen Geist wie mit Flammenschrift eingebrannt bleiben als natürlicher Schutz gegen jedweden Götzendienst!
Wer Gott in seiner Größe wirklich anerkennt, muß alle abweichenden Handlungen als Lästerung empfinden.
Ein Mensch kann und soll zu einem Priester gehen, um Belehrungen zu holen, sobald dieser fähig dazu ist, sie ihm wirklich zu geben. Wenn jedoch jemand verlangt, die Vollkommenheit Gottes durch irgendeine Handlung oder falsche Denkungsweise zu verkleinern, so soll er sich von ihm wenden; denn ein Diener Gottes ist nicht gleichzeitig ein Bevollmächtigter Gottes, der das Recht haben könnte, in seinem Namen zu fordern und zu gewähren.
Auch hierin gibt es eine ganz natürliche und einfache Erklärung, die ohne Umschweife den richtigen Weg zeigt.
Ein Bevollmächtigter Gottes kann aus der Natur der Sache heraus überhaupt kein Mensch sein, es sei denn, daß dieser unmittelbar aus dem Göttlichen gekommen wäre, also selbst Göttliches in sich trüge! Nur darin allein kann eine Vollmacht liegen.
Da der Mensch aber nicht göttlich ist, so ist es auch ein Ding der Unmöglichkeit, daß er Bevollmächtigter oder Vertreter Gottes sein kann. Es kann die Macht Gottes keinem Menschen übertragen werden, weil die göttliche Macht allein in der Göttlichkeit selbst liegt!
Diese logische Tatsache schließt in ihrer unbedingten Einfachheit auch selbsttätig jede menschliche Wahl eines irdischen Statthalter Gottes oder die Ausrufung eines Christus vollkommen aus. Jeder Versuch dazu muß im Hinblick darauf den Stempel der Unmöglichkeit aufgedrückt erhalten.
Es kann in solchen Dingen demnach weder eine Wahl noch eine Ausrufung durch Menschen in Betracht kommen, sonsondern nur eine unmittelbare Sendung von Gott selbst!
Der Menschen Ansichten geben dabei nicht den Ausschlag. Diese sind im Gegenteil nach allem bisher Geschehenen immer weitab von der Wirklichkeit gewesen, und standen nicht im Einklang mit dem Gotteswillen. Es ist für Denkende unfaßbar, mit welcher krankhaften Steigerung die Menschen immer wieder über ihren eigentlichen Wert hinauszugreifen versuchen. Sie, die in ihrer höchsten geistigen Vollendung gerade die niedrigste Stufe des Bewußten im ewigen Geistig-Wesenhaften zu erreichen vermögen! Dabei unterscheiden sich gerade heute eine große Zahl der Erdenmenschen in ihrem Empfinden, Denken und Streben außer einem großen Verstande nicht einmal sehr von den höchstentwickelten Tieren.
Wie Insekten krippeln und krabbeln sie emsig durcheinander, als ob es gälte, in eifrigem Jagen und Rennen das höchste Ziel zu erreichen. Sobald ihre Ziele aber näher und aufmerksamer betrachtet werden, zeigt sich sehr bald die Hohlheit und die Nichtigkeit des fieberhaften Strebens, das solchen Eifers tatsächlich nicht würdig ist. Und aus dem Chaos dieses Wimmelns heraus schwingt sich die wahnwitzige Überhebung, einen Gottgesandten wählen, anerkennen oder ablehnen zu können. Darin läge eine Beurteilung dessen, was zu begreifen sie niemals fähig sein können, wenn nicht dieser Höherstehende sich verständlichmachend zu ihnen neigt. Man pocht allseitig jetzt auf Wissenschaft, Verstand und Logik und nimmt dabei die gröbsten Widersinnigkeiten hin, die in so vielen Strömungen der Zeit liegen.
Für Tausende ist es nicht wert, darüber Worte zu verlieren. Sie sind von ihrem Wissen derart eingenommen, daß sie alle Fähigkeit verloren haben, schlicht und einfach über etwas nachzudenken. Es gilt nur denen, die sich noch soviel Natürlichkeit bewahren konnten, eine eigene gesunde Urteilsfähigkeit zu entwickeln, sobald ihnen der Leitfaden dazu gegeben wird. Die sich nicht blindlings einmal dieser und dann jener Modeströmung anschließen, um dann bei dem ersten geäußerten Zweifel Unwissender wieder ebenso schnell abzufallen.
Es gehört doch nicht viel dazu, bei ruhigem Nachdenken zu der Erkenntnis zu kommen, daß aus einer Wesensart nicht eine andere erstehen kann, die nichts mit der ersten gemein hat. Solches zu finden, genügen die einfachsten Kenntnisse der Naturwissenschaften. Da aber die Ausläufer der Naturgesetze in der grobstofflichen Welt aus dem lebendigen Urquell Gottes kommen, so liegt es klar, daß sie in gleicher unerschütterlicher Logik und Straffheit auch auf dem weiteren Wege zu ihm zu finden sein müssen, sogar noch reiner und klarer, je näher sie dem Ausgangspunkte stehen.
So wenig in ein Tier auf Erden der Geist eines Menschen umgepflanzt werden kann, so daß ein lebendiges Tier dadurch zum Menschen werden soll, ebensowenig kann in einen Menschen Göttliches gepflanzt werden. Es vermag sich niemals etwas anderes zu entwickeln als das, was der Ursprung mit sich brachte. Der Ursprung läßt in der Entwicklung wohl verschiedene Arten und Formen der Zusammenstellung zu, wie man durch Pfropfen der Bäume oder durch Vermischung bei Zeugungen erfahren kann, aber selbst die erstaunlichsten Ergebnisse müssen innerhalb der durch den Ursprung gegebenen Grundstoffe bleiben.
Eine Mischung zwischen Erdenmensch und Tier kann sich lediglich in den Grenzen der grobstofflichen Körper halten, da diese ihren Ursprung in der gleichen Stofflichkeit haben. Der innere Ursprung von Mensch und Tier ist nicht zu überbrücken *(Vortrag Nr. 49: Der Unterschied im Ursprung zwischen Mensch und Tier).
Unmöglich ist es, etwas hinein- oder herauszubringen, was über dem eigentlichen Ursprunge steht, was also nicht darin enthalten war, wie es bei dem Unterschied zwischen dem geistigen Ursprunge des Menschen und dem Göttlichen ist *(Vortrag Nr. 51: Geist).
Christus kam als Gottessohn aus dem Göttlich-Wesenlosen; er trug das Göttliche in sich von seinem Ursprung her. Es wäre ihm aber unmöglich gewesen, dieses Lebendig-Göttliche auf einen anderen Menschen zu übertragen, der nur aus dem Geistig-Wesenhaften stammen kann. Demnach vermochte er auch niemand zu bevollmächtigen für Handlungen, die dem Göttlichen allein zukommen, wie zum Beispiel Vergebung der Sünden. Diese kann nur in der Auswirkung der in der Schöpfung ruhenden göttlichen Willensgrundlagen der genau sich selbst abwägenden Wechselwirkungen erfolgen, worin die unwandelbare Gerechtigkeit des Schöpfers in der dem Menschengeiste unfaßlichen Vollkommenheit selbsttätig lebt.
Eine Vollmacht des Gottessohnes konnte sich Menschen gegenüber also lediglich auf solche Dinge beziehen, die dem Ursprunge des Menschengeistes entsprechend menschlich sind, nie auf das Göttliche!
Selbstverständlich kann auch der Ursprung des Menschen zuletzt logischer Weise auf Gott zurückgeführt werden, aber er liegt nicht in Gott selbst, sondern außerhalb des Göttlichen, deshalb stammt der Mensch nur mittelbar von Gott. Darin liegt der große Unterschied.
Vollmacht, die zum Beispiel zu dem Amte eines Statthalters gehört, könnte nur selbsttätig in der gleichen unmittelbaren Abstammung liegen. Das kann Jedermann leicht verständlich sein, weil ein Bevollmächtigter sämtliche Fähigkeiten des Vollmachtgebers besitzen muß, um an dessen Stelle in einer Tätigkeit oder einem Amte wirken zu können. Ein Bevollmächtigter müßte deshalb unmittelbar aus dem Göttlich-Wesenlosen kommen, wie es Christus war.
Unternimmt dies dennoch ein Mensch, wenn auch in gutem Glauben, so folgt wiederum aus der Natur der Sache heraus, daß dessen Bestimmung keine weitreichendere Geltung und kein Leben haben kann, als rein-irdisch. Die aber, so mehr in ihm sehen, gehen damit einem Irrtume nach, der ihnen erst nach dem Abscheiden als solcher klar wird, und der ihre ganze Erdenzeit für einen Aufstieg verloren sein läßt. Verirrte Schafe, die einem falschen Hirten folgen.
Wie dieses oberste Gesetz: „Ich bin der Herr, Dein Gott, Du sollst nicht andere Götter haben neben mir“, so werden auch die anderen Gesetze im Nichtverstehen sehr oft übertreten und nicht eingehalten.
Und doch sind die Gebote in Wirklichkeit nichts anderes als die Erklärung des göttlichen Willens, der in der Schöpfung von Anbeginn an ruht, der nicht um Haaresbreite umgangen werden kann.
Wie töricht wird unter dieser Betrachtung der jedem göttlichen Gedanken, jeder Vollkommenheit entgegenstehende Grundsatz so vieler Menschen, daß „ein Zweck die Mittel heiligt“! Welches tolle Durcheinander müßte das wohl in den Gesetzen des göttlichen Willens geben, wenn sie derart verschoben werden könnten. Wer sich auch nur einen kleinen Begriff von Vollkommenheit machen kann, dem bleibt nichts anderes übrig, als solche Unmöglichkeiten von vornherein abzulehnen. Sobald ein Mensch versucht, sich ein rechtes Bild über die Vollkommenheit Gottes zu formen, so wird ihm dies zum Leitstab und zum leichteren Erfassen aller Dinge in der Schöpfung dienen können! Das Wissen und das Im-Auge-behalten der Vollkommenheit Gottes ist der Schlüssel zum Verständnis des Werkes Gottes, zu dem auch der Mensch selbst gehört.
Dann erkennt er die zwingende Kraft und ernste Warnung des Wortes: „Gott läßt sich nicht spotten!“ Mit anderen Worten: Seine Gesetze erfüllen sich, oder wirken sich unabänderlich aus. Er läßt die Räder laufen, wie er sie bei der Schöpfung eingesetzt hat. Ein Menschlein wird darin nichts ändern. Versucht er es, so kann er höchstens erreichen, daß alle die, welche ihm blindlings folgen, mit ihm zerrissen werden. Es nützt ihm nichts, wenn er es anders glaubt.
Segen kann nur dem erstehen, der sich voll und ganz einfügt in den Willen Gottes, der die Schöpfung in seinen Naturgesetzen trägt. Das vermag aber nur der, der sie richtig kennt.
Die Lehren, welche blinden Glauben fordern, sind als tot und deshalb schadenbringend zu verwerfen; nur die, die wie durch Christus zum Lebendigwerden rufen, das heißt, zum Überlegen und zum Prüfen, damit aus wirklichem Verstehen Überzeugung wachsen kann, bringen Befreiung und Erlösung!
Nur die verwerflichste Gedankenlosigkeit kann wähnen, daß der Daseinszweck des Menschen hauptsächlich in dem Jagen des Erwerbes körperlicher Notwendigkeiten und Genüsse ruht, um sich zuletzt durch irgendeine äußerliche Form und schöne Worte in Geruhsamkeit von jeder Schuld und von den Folgen seiner faulen Nachlässigkeiten im Erdenleben befreien zu lassen. Der Gang durchs Erdenleben und der Schritt ins Jenseits bei dem Tode ist nicht wie eine alltägliche Fahrt, für die man nur die Fahrkarte im letzten Augenblick zu lösen braucht.
Mit solchem Glauben verdoppelt der Mensch seine Schuld! Denn jeder Zweifel an der unbestechlichen Gerechtigkeit des vollkommenen Gottes ist Gotteslästerung! Das Glauben an willkürliche und mühelose Vergebung der Sünden aber ist offenkundiges Zeugnis für den Zweifel an einer unbestechlichen Gerechtigkeit Gottes und seiner Gesetze, noch mehr, er bestätigt unmittelbar den Glauben an die Willkür Gottes, die gleichbedeutend mit Unvollkommenheit und Mangelhaftigkeit wäre!
Arme, bedauernswerte Gläubigen!
Es wäre ihnen besser, noch Ungläubige zu sein, dann könnten sie ungehemmt und leichter den Weg finden, den sie schon zu haben wähnen.
Rettung liegt nur darin, aufkeimendes Denken und den damit erwachenden Zweifel an so vielem nicht scheu zu unterdrücken; denn darin regt sich der gesunde Drang nach Wahrheit!
Ringen mit dem Zweifel aber ist das Prüfen, dem unstreitbar das Verwerfen des dogmatischen Ballastes folgen muß. Nur ein von allem Unverständnis ganz befreiter Geist vermag sich freudig überzeugt auch aufzuschwingen zu den lichten Höhen, zu dem Paradiese!